Alt und glücklich

Für Pflegekräfte war die Pandemie bisher besonders hart. Den Senioren aber geht es besser als erwartet.

Zum größten Problem der Altersheime im Corona-Herbst 2020 könnten die Schulen werden. Das zeigt sich, wenn man mit Pflegekräften spricht, etwa mit Elisabeth Purth, die das Seniorenheim Haus Elisabeth der Caritas in Wien-Döbling leitet. „Viele unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben Kinder in der Schule oder im Kindergarten, manche sind alleinerziehend.“ Wenn jetzt ständig die Kinder nach Hause geschickt würden und die Eltern tagelang daheim bleiben müssten, bis deren Testergebnisse da wären, dann „werden wir wirklich Personalengpässe bekommen“.

Die ZEIT hat das Haus Elisabeth schon einmal besucht, im März, eine Woche vor dem Lockdown. Geplant war damals ein Text über den Personalmangel in der Pflege; einer von Purths Mitarbeitern und ein mobiler Pfleger des Roten Kreuzes in Baden ließen sich dafür bei der Arbeit begleiten. Dann veränderte Corona das Leben in Österreich, und statt des Personalmangels rückte eine andere Frage in den Fokus: Wie kümmert man sich um eine Hochrisikogruppe, ohne sie zu gefährden? „Meine Tochter ist schon hysterisch wegen dem Virus: Mama, dass’d ja niemandem ein Bussl gibst“, hatte die 95-jährige Renate Schober, die eigentlich anders heißt, geklagt, während ihr der Rücken eingecremt wurde (ZEIT Nr. 14/20).

Ein halbes Jahr später sind die Corona-Infektionszahlen sogar noch höher als damals. Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen: Wie hat die Altenpflege die Corona-Krise bisher bewältigt? Wie gut ist das System auf die zweite Welle vorbereitet? Und: Wie kamen die alten Menschen selbst mit der Krise klar? Weiterlesen auf Zeit Online

Die Zeit, 22. Oktober 2020

Ausgebremst und abgesagt

In der Corona-Krise werden in einigen Branchen die Lehrstellen knapp. Das trifft besonders jene Jugendlichen, die es ohnehin schon schwer haben

Es wäre das erste Bewerbungsgespräch seines Lebens gewesen. Ein Termin um acht Uhr früh an einem sonnigen Tag im März, bei einem Großhandelsunternehmen in Berlin. Niko Kamitz saß schon im Bus, da klingelte sein Telefon, die Frau aus der Personalabteilung: Es tue ihr leid, sie dürfe ihn wegen der Covid-19-Pandemie nicht treffen. Kamitz stieg an der nächsten Haltestelle aus und fuhr wieder nach Hause, erzählt er.

Jedes Jahr im Frühling ist in Deutschland Bewerbungszeit. Hunderttausende Jugendliche verschicken dann ihre Zeugnisse und Lebensläufe, um im Herbst eine Ausbildung zu beginnen. Doch im laufenden Jahr hat die Corona-Pandemie den Prozess unterbrochen. Bewerbungsgespräche wurden abgesagt, und Firmen zögern, in der Krise Auszubildende einzustellen. Weiterlesen auf Zeit Online

Die Zeit, 4. Juni 2020

Doppelt belastet

In der Corona-Krise helfen Krankenpflege-Azubis in den Kliniken aus – auf Kosten ihrer Ausbildung, fürchten manche. Gibt es im Ausnahmezustand ein Recht auf Lernen?

In der Nacht zum 16. März war Marcel so sauer, dass er Jens Spahn eine E-Mail schrieb. Um zwei Uhr morgens sendete er sie ab. Er liebe seinen Beruf, schrieb Marcel, aber gerade sei er „perplex“, „erschüttert“, „traurig und verzweifelt“. Darüber, dass der Bundesgesundheitsminister zwar qualifiziertes Pflegepersonal fordere, Marcel und seine Kolleginnen und Kollegen nun aber einfach aus der Schule geholt und auf Station geschickt würden – ohne genauen Plan, wie sich das in ihre Ausbildung einfügen soll.

Marcel ist 21 Jahre alt und angehender Krankenpfleger, vor Kurzem hat sein drittes Ausbildungsjahr begonnen. Seine Mitschüler und er gehören zu jenen, die in der Coronakrise als Heldinnen gefeiert werden. Zugleich leiden sie besonders unter der aktuellen Situation: Wie Ärztinnen und examinierte, also fertig ausgebildete, Pflegekräfte arbeiten auch Pflegeschüler unter großer Anspannung, mit oft unzureichender Ausrüstung. Dazu kommt die Angst um ihre persönliche Zukunft: Wie andere Azubis fragen auch sie sich, was nun aus ihrem Unterricht, aus ihren Prüfungen wird. Kann Ausbildung im Ausnahmezustand überhaupt noch funktionieren? Weiterlesen auf bento.de

Bento, 17. April 2020

Was, wenn alle dicht machen?

In der Schweiz und in Österreich fürchten Spitäler, dass ihre Pfleger und Ärztinnen nicht mehr über die Grenze kommen

Von Barbara Achermann und Ruth Eisenreich

Normalerweise erhält Valérie Populin am Sonntag keine Anrufe von ihrem Chef. Aber dieses eine Mal eilte es, sehr sogar. Die Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich könnte zugehen, fürchtete er. Nur eine Stunde später legte die Pflegefachfrau ihr Gepäck in den Kofferraum ihres Autos, umarmte ihren Mann, den sechsjährigen Sohn, die dreizehnjährige Tochter, setzte sich ans Steuer und fuhr von ihrem Haus im elsässischen Bartenheim nach Basel. Zwölf Kilometer, von Frankreich in die Schweiz.

Noch am selben Abend, es war der 15. März, checkte Populin ins Hotel Basel ein. „4 Sterne, wunderschöne Zimmer, aber einsam“, sagt die 41-jährige Pflegefachfrau, als wir sie am Telefon erreichen. Sie wohnt seit bald drei Wochen im Hotel. Tagsüber arbeitet sie im Universitätsspital, nach Feierabend könnte sie nach Hause ins Elsass fahren. „Aber“, sagt sie, „so fühle ich mich sicherer.“

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie sind in Europa die Schlagbäume wieder unten und wurden neue Grenzzäune hochgezogen. Am stärksten betroffen sind davon Kleinstaaten wie Österreich und die Schweiz. Sie sind, neben Luxemburg, am stärksten auf Grenzgänger angewiesen. In die Schweiz kamen 2019 fast 330.000 Menschen über die Grenze zur Arbeit, nach Österreich reisten mindestens 194.000. Weiterlesen auf Zeit Online

Die Zeit, 2. April 2020

Helfe ich, oder gefährde ich?

Wie kann man zu älteren Menschen Abstand halten, wenn der eigene Beruf darin besteht, ihnen nahe zu kommen? Über Altenpflege in außergewöhnlichen Zeiten

Peter Kubik und Renate Schober sind ein eingespieltes Team. Er, mobiler Pfleger, 30 Jahre alt, gegelter Undercut, weißes Polohemd mit Rotkreuz-Logo. Sie, 95 Jahre alt, geistig noch fit, körperlich nicht mehr so. Zweimal pro Woche besucht er sie in ihrem Haus in Trumau im Wiener Speckgürtel, er hilft ihr beim Ausziehen und in die Duschkabine hinein, schrubbt ihr den Rücken, hilft ihr wieder aus der Dusche heraus. „Was gibt’s Neues in Trumau?“, fragt er, während er Hautcreme zwischen seinen Händen verreibt. „Eigentlich gar nix“, antwortet Frau Schober, sie steht vor dem Waschtisch und hält sich daran fest. „Meine Tochter ist schon hysterisch wegen dem Virus: Mama, dass’d ja niemandem ein Bussl gibst, du gehörst zur Risikogruppe.“ Peter Kubik cremt Frau Schobers Rücken ein. Ganz unrecht habe die Tochter nicht, wendet er ein. „Bei der Influenza sind viel mehr Leute gestorben“, sagt Frau Schober. Ein Blick zur Reporterin, sie frotzelt: „So, jetzt den BH. Beim Ausziehen tut er sich leichter, glaub ich.“

Es ist Mittwoch, der 11. März, die Corona-Krise rollt schon an, am Vortag hat die Regierung große Veranstaltungen verboten und die Schließung der Universitäten angekündigt. Aber noch ahnt kaum jemand, wie massiv das Virus das Leben in Österreich bald verändern wird. Weiterlesen auf Zeit Online

Die Zeit, 26. März 2020