Gute Nachrichten zu Pavillon 15

Im Mai 2013 habe ich im Falter die bis in die 1980er Jahre andauernde Misshandlung und Vernachlässigung von behinderten Kindern im Pavillon 15 des Wiener Krankenhauses am Steinhof (des heutigen Otto-Wagner-Spitals) publik gemacht. Nach viel Verzögern und Verharmlosen und einem fragwürdigen internen Bericht gab Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ)  eine echte Aufarbeitung in Auftrag, im März 2017 wurde das Ergebnis präsentiert: Eine ausführliche Studie des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie, die die Vorwürfe bestätigte. Jetzt, gut fünf Jahre nach dem ersten Text, sollen die Betroffenen finanzielle Entschädigungen bekommen.

Alle Texte zum Pavillon 15 gibt es hier nachzulesen.

„Hauptsache, man hat die Behinderten nicht gesehen“

Bis in die 1980er-Jahre wurden in Wien behinderte Kinder gequält. Der Zeitzeuge und Psychiater Ernst Berger sucht nach Erklärungen

Behinderte Kinder wurden geschlagen, in Zwangsjacken gesteckt, mit Beruhigungsmitteln niedergespritzt, im eigenen Kot liegengelassen: Im Pavillon 15 am Steinhof, dem heutigen Otto-Wagner-Spital, war das bis in die 1980er-Jahre hinein Alltag. Nachdem die Krankenschwester Elisabeth Pohl im Falter von diesen Zuständen erzählt hatte, untersuchte eine Arbeitsgruppe der Stadt Wien die Vorwürfe. Doch ihr Untersuchungsbericht bleibt geheim. Der Kinderpsychiater Ernst Berger erklärt, wie es zu Situationen wie der im Pavillon 15 kommen konnte. Weiterlesen »

Geheimsache Steinhof

Noch in den 1980er-Jahren wurden in Wien behinderte Kinder misshandelt. Die Stadt dilettiert bei der Klärung schwerster Vorwürfe. Nun bricht eine zweite Krankenschwester ihr Schweigen

Recherche: Ruth Eisenreich, Florian Klenk

Transparenz hatte die rot-grüne Stadtregierung versprochen. Doch jetzt, wo es unangenehm wird, wird das Versprechen gebrochen. Der elf Seiten starke „Schlussbericht“ des städtischen Krankenanstaltenverbunds (KAV), betreffend die Behandlung behinderter Kinder am Steinhof, wird nicht veröffentlicht, zum Wohle der Patienten, wie es heißt.

Das ist eine Ausrede. In dem Endbericht sind gar keine persönlichen Patientendaten enthalten, wie der Falter recherchierte. Die Geheimniskrämerei schützt bloß die Interessen der Stadt Wien, die offenbar keine neue Debatte über Misshandlungen in städtischen Einrichtungen führen will. Weiterlesen »

Pavillon 15: keine Entschuldigung, keine Entschädigung

Bis in die 80er-Jahre wurden in Wiens Psychiatrie behinderte Kinder misshandelt. Ein Untersuchungsbericht dazu bleibt geheim

Die Akten und Zeitzeugengespräche schockierten sogar die Profis: „Ich war immer wieder erschüttert“, sagt Susanne Drapalik, Ärztin und Bereichsleiterin im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), über ihre Recherchen zum Umgang mit behinderten Kindern und Jugendlichen in Wien von den 1960ern bis in die 1980er.

Es war im Mai 2013, da meldete sich die Krankenschwester Elisabeth Pohl beim Falter. Ab 1981 hatte sie im Pavillon 15 des heutigen Otto-Wagner-Spitals gearbeitet, wo 40 Jahre zuvor die Nazis 800 Kinder ermordet hatten, und grausige Missstände erlebt: Behinderte Kinder und Jugendliche wurden mit starken Medikamenten ruhig gestellt oder lagen den ganzen Tag, nackt und ohne Bettzeug, gefesselt in ihrem eigenen Kot und Erbrochenen. Manche kamen jahrelang nicht ins Freie. „Ich hab damals oft gedacht: Wenn ich gezwungen wäre, mein Kind hier abzugeben, ich würde es mit dem Polster ersticken“, sagte Pohl. Weiterlesen »

Pavillon 15, ein Jahr danach: Die Stadträtin prüft einen Bericht

Exakt ein Jahr ist es her, dass die Krankenschwester Elisabeth Pohl dem Falter von ihren Erlebnissen im Kinderpavillon am Steinhof erzählte: Im Pavillon 15, wo der NS-Arzt Heinrich Gross Menschenexperimente angestellt hatte, wurden ihr zufolge noch in den frühen 1980er-Jahren behinderte Kinder misshandelt, mit Medikamenten niedergespritzt und nackt und ohne Bettzeug in ihrem eigenen Kot liegengelassen.

Als Reaktion auf den Falter-Bericht setzte der Wiener Krankenanstaltenverbund eine Arbeitsgruppe ein. Ihre Mitglieder unterstanden der Stadt Wien; die von der ÖVP erhobene Forderung nach einer externen Expertenkommission wurde im Gemeinderat abgelehnt. Es sollte Monate und weitere Falter-Berichte dauern, bis die Arbeitsgruppe Elisabeth Pohl endlich näher befragte. Jetzt aber ist ihr Bericht für Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) fertig. „Der Bericht liegt vor und wird derzeit geprüft“, heißt es aus dem Stadtratsbüro.

Falter, 28.5.2014