„Ich bin traurig, so viele schöne Dinge fallen aus“

Was bedeutet es, im Corona-Jahr Abitur zu machen? Wie geht man damit um, wenn der Sommer des Lebens von einer Pandemie überschattet wird? Wir haben drei Schüler über Monate begleitet – das Tagebuch einer etwas anderen Reifeprüfung

MÄRZ

Fée van Cronenburg (18, Hebertshausen): Wir haben spekuliert und Scherze gemacht, aber niemand hätte gedacht, dass sie die Schule wirklich schließen. Als ich im Deutschunterricht verbotenerweise auf mein Handy geschaut hab, sah ich den Artikel, den ein Freund mir geschickt hatte: Darin stand, dass wir bis Ostern keine Schule mehr haben. Das habe ich in die Klassengruppe geschickt, alle haben angefangen zu reden, und unser Lehrer so: Wie? Was ist los? Wir hatten als Lektüre gerade Der Kameramörder von Thomas Glavinic angefangen, richtig gruselig, und unser Lehrer meinte: Jetzt hab ich das falsche Buch ausgewählt, jetzt bringt ihr euch alle um.

Felix Weichard (19, Magdeburg): Am Freitag um 15.30 Uhr hat unser Ministerpräsident Reiner Haseloff eine Pressekonferenz gehalten. Ich war noch in der Schule und habe mir das mit ein paar anderen auf dem Handy angeschaut. Minuten später hat die Schulleitung uns eine Mail geschickt – dann kamen schon die ersten Schüler und haben ihre Spinde leer geräumt.

Heva Osman (21, Hamburg): Ich war auf einem Seminar für junge Leute mit Migrationshintergrund in der Nähe von Berlin. Wir hatten Musik-, Theater- und Kunst-Workshops, haben Informationen zu Stipendien bekommen und gelernt, wie man eine Bewerbung schreibt. Als ich abends in mein Zimmer gegangen bin, hatte ich 200 Nachrichten in meinen WhatsApp-Gruppen: keine Schule mehr, alles ist geschlossen, krass, haben wir jetzt keinen Abi-Ball mehr? Weiterlesen auf Zeit Campus Online

Die Zeit, 22. Oktober 2020

„Wie naiv es war zu denken, in ein oder zwei Monaten ist das vorbei“

Saskia Stegmüller, Amandeep Grewal und Anna Kurzeck helfen seit Beginn der Pandemie, Patienten zu versorgen und Kontaktpersonen zu ermitteln. DER SPIEGEL hat sie dabei begleitet.

m März, als Bilder aus Wuhan und Bergamo die Nachrichten dominierten und niemand wusste, ob das deutsche Gesundheitssystem der Corona-Pandemie standhalten würde, meldeten sich Tausende Medizinstudierende, um in Krankenhäusern und Gesundheitsämtern auszuhelfen. Der SPIEGEL sprach Ende März mit drei von ihnen:

  • mit Anna Kurzeck, damals 25 und im 13. Semester an der Ludwig-Maximilians-Universität München, die für das Gesundheitsamt ihrer Heimatstadt Tirschenreuth Kontaktpersonen von Infizierten anrief;
  • mit Saskia Stegmüller aus Bruchsal, damals 26 und im achten Semester, die vor dem Studium in Innsbruck hauptberuflich als Rettungsassistentin gearbeitet hatte und nun wieder in den Rettungswagen stieg;
  • und mit Amandeep Grewal, 25, aus Reutlingen, damals im zwölften Semester an der Comenius-Universität Bratislava, der Medizinstudierende und Krankenhäuser vernetzte, erst über die Facebook-Gruppe „Medizinstudierende vs. Covid-19“, später über die Plattform „Match4Healthcare“.

In den vergangenen Monaten hat der SPIEGEL immer wieder mit Kurzeck, Stegmüller und Grewal telefoniert und protokolliert, was sie während ihrer Arbeit erleben und wie sich die Pandemie auf ihr Studium auswirkt. Entstanden ist ein Tagebuch der Coronakrise, eine Zusammenstellung persönlicher Schilderungen, die sich nicht alle überprüfen lassen, die aber zeigen, was Deutschland im vergangenen halben Jahr erlebt hat. Weiterlesen auf spiegel.de (€)

Der Spiegel, 6. Oktober 2020

„Schon an meinem ersten Tag habe ich Menschen sterben sehen“

In Brasilien wütet Corona, Ende Juli waren zweieinhalb Millionen Einwohner erkrankt, es gab 90.000 Tote. Eine Lehrerin, ein Arzt und eine Favela-Aktivistin erzählen von ihrem Alltag mit dem Virus.

Die Protokolle lesen auf chrismon.de

Chrismon, 8. September 2020

Ausgebremst und abgesagt

In der Corona-Krise werden in einigen Branchen die Lehrstellen knapp. Das trifft besonders jene Jugendlichen, die es ohnehin schon schwer haben

Es wäre das erste Bewerbungsgespräch seines Lebens gewesen. Ein Termin um acht Uhr früh an einem sonnigen Tag im März, bei einem Großhandelsunternehmen in Berlin. Niko Kamitz saß schon im Bus, da klingelte sein Telefon, die Frau aus der Personalabteilung: Es tue ihr leid, sie dürfe ihn wegen der Covid-19-Pandemie nicht treffen. Kamitz stieg an der nächsten Haltestelle aus und fuhr wieder nach Hause, erzählt er.

Jedes Jahr im Frühling ist in Deutschland Bewerbungszeit. Hunderttausende Jugendliche verschicken dann ihre Zeugnisse und Lebensläufe, um im Herbst eine Ausbildung zu beginnen. Doch im laufenden Jahr hat die Corona-Pandemie den Prozess unterbrochen. Bewerbungsgespräche wurden abgesagt, und Firmen zögern, in der Krise Auszubildende einzustellen. Weiterlesen auf Zeit Online

Die Zeit, 4. Juni 2020

Doppelt belastet

In der Corona-Krise helfen Krankenpflege-Azubis in den Kliniken aus – auf Kosten ihrer Ausbildung, fürchten manche. Gibt es im Ausnahmezustand ein Recht auf Lernen?

In der Nacht zum 16. März war Marcel so sauer, dass er Jens Spahn eine E-Mail schrieb. Um zwei Uhr morgens sendete er sie ab. Er liebe seinen Beruf, schrieb Marcel, aber gerade sei er „perplex“, „erschüttert“, „traurig und verzweifelt“. Darüber, dass der Bundesgesundheitsminister zwar qualifiziertes Pflegepersonal fordere, Marcel und seine Kolleginnen und Kollegen nun aber einfach aus der Schule geholt und auf Station geschickt würden – ohne genauen Plan, wie sich das in ihre Ausbildung einfügen soll.

Marcel ist 21 Jahre alt und angehender Krankenpfleger, vor Kurzem hat sein drittes Ausbildungsjahr begonnen. Seine Mitschüler und er gehören zu jenen, die in der Coronakrise als Heldinnen gefeiert werden. Zugleich leiden sie besonders unter der aktuellen Situation: Wie Ärztinnen und examinierte, also fertig ausgebildete, Pflegekräfte arbeiten auch Pflegeschüler unter großer Anspannung, mit oft unzureichender Ausrüstung. Dazu kommt die Angst um ihre persönliche Zukunft: Wie andere Azubis fragen auch sie sich, was nun aus ihrem Unterricht, aus ihren Prüfungen wird. Kann Ausbildung im Ausnahmezustand überhaupt noch funktionieren? Weiterlesen auf bento.de

Bento, 17. April 2020