Die Fußfesseldebatte stellt den liberalen Strafvollzug infrage. Wie hart müssen Gefängnisse sein? Eine Erkundung
„Schwere Körperverletzung“, sagt der Junge und schnalzt eine Spielkarte auf den Tisch. Er ist klein gewachsen, dunkelhaarig, kaum älter als 15 oder 16 Jahre, ein unscheinbarer Bursche im schwarzen Shirt.
Er sitzt hier, weil er einen Jugendlichen verprügelt hat. Es war keine harmlose Schulhofrauferei: 20-mal hat er seinem Opfer mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Er hat auch nicht aufgehört, als das Opfer wehrlos am Boden lag.
Wie soll man so einen Schläger bestrafen? Bei Wasser und Brot in Dunkelhaft? Der Staat hat anders entschieden. Der Bursche kann in der Jugendabteilung der Justizanstalt Leoben in einer schlichten, hellen Wohnküche sitzen und Karten spielen. Ist das Strafe genug?
Der moderne Strafvollzug ist ins Gerede gekommen. Zuletzt im Fall eines mehrfachen Vergewaltigers, dem das Gericht eine Fußfessel gewährte. Sein Opfer hatte die Medien alarmiert. Hatte von der Angst berichtet, dem Täter auf der Straße zu begegnen. Sogar moderne Zeitgenossen wie der Künstler Peter Weibel fühlten sich da berufen, andere Strafen als das Gefängnis zu verdammen.
Und die Verteidiger des liberalen Strafvollzugs? Die Bewährungshelfer, die progressiven Justizwachebeamten? Sie müssten es besser wissen, doch sie sind in die Defensive geraten. Bei einem „Club 2“ war das kürzlich zu beobachten. Da redete ein Opfer eines Sexualstraftäters die Reformer des Strafvollzugs in Grund und Boden. Sie wirkten wie Träumer, die Täter verwöhnen, während Opfer leiden.
Stimmt dieser Eindruck? Haben es Straftäter in Österreich wirklich zu gut? Was passiert eigentlich in einem Gefängnis?
I. Das moderne Gefängnis
Im Jahr 2005 eröffnete die Republik die Justizanstalt Leoben, 174 Häftlinge verbüßen hier derzeit Strafen von bis zu 18 Monaten. Leoben gilt als eines der modernsten Gefängnisse Europas. Wer zum ersten Mal hierher kommt, staunt: Ein riesiger Glaspalast erhebt sich auf einem Hügel am Rande der Stadt. Doch die Glasfront gehört zum Gericht; das Gefängnis selbst ist dahinter versteckt, umgeben von einem hohen Gitterzaun und einer dicken Mauer mit Stacheldraht. „Wir sind nach außen hin sehr gut gesichert, deswegen können wir innen viel Freiheit gewähren“, erklärt der Anstaltsleiter Manfred Gießauf, ein kräftiger Mann mit weißem Bart und Uniform.
Ein Haftraum in Leoben bietet neben Bett, Tisch und Sessel einen Minikühlschrank und einen Fernseher. Ein Häftling hat an der Wand Babyfotos und eine Kinderzeichnung („für Papa“) angebracht. Elf Quadratmeter hat der Raum, wie ein kleines WG-Zimmer sieht er aus – wäre da nicht die fehlende Türklinke. Bis zu 23 Stunden pro Tag ist ein Häftling hier eingesperrt.
Gut die Hälfte der Leobener Häftlinge – jene, die sich im Normalvollzug bewährt haben – lebt im sogenannten Wohngruppenvollzug. Die Zellentüren sind vom Frühstück bis zum Nachmittag offen, die Insassen können sich innerhalb ihrer Abteilungen frei bewegen. Sie waschen ihre Wäsche, putzen ihre Zimmer, kochen.
Der Wohngruppenvollzug mag wie ein Privileg aussehen, doch er soll den Häftlingen einen halbwegs normalen Tagesablauf geben. Gefängnisexperten wissen längst: Wer jahrelang keine Entscheidung treffen kann, wem sogar vorgegeben wird, wann er duscht und wann das Licht gelöscht wird, dem fällt es nach der Entlassung umso schwerer, sich wieder ans eigenständige Leben zu gewöhnen.
In den Gemeinschaftsräumen des Wohngruppenvollzugs gibt es auch Sofas und Fernseher. Da spielen zwei Männer Tischfußball. Zwei andere sitzen in Jeans und Unterhemd auf dem Balkon und schauen über den Gitterzaun, die Gefängnismauer, den Stacheldraht auf die grüne Wiese hinaus. Die Füße haben sie auf die dicken Gitterstäbe gestellt, die den Balkon begrenzen. Das Leben in der Gemeinschaft soll, so hoffen die Gefängnisreformer, die Häftlinge vor der Desozialisierung bewahren.
Leoben war deshalb auch das erste Gefängnis Österreichs, das den sogenannten Langzeitbesuch ermöglichte. Das Justizministerium setzte ihn gegen den Widerstand von Populisten durch.
In einem Zimmer mit einer grünen Bettcouch und einer kleinen Küchenzeile können ausgewählte Häftlinge nun Besucher empfangen, von Mittwoch 17 Uhr bis Donnerstag sieben Uhr. Sie können die Freundin oder die ganze Familie treffen, ohne Kameraüberwachung. Der Sinn dieses „Privilegs“: Die Häftlinge sollen ihre familiären Kontakte erhalten – sie könnten sie vor Rückfällen bewahren.
Wer sitzt heute eigentlich noch im Knast? Vor allem die Ärmsten und Ungebildetsten. Nur wenige Häftlinge haben Matura, viele sind arbeitslos, drogensüchtig, obdachlos. „Im Gefängnis gibt es einerseits Beziehungstäter, die ihr Leben lang unauffällig waren und dann ausgezuckt sind“, sagt Leobens Anstaltsleiter Manfred Gießauf, „und andererseits Leute, deren Strafregisterauszug dick wie ein Telefonbuch ist.“
Auffällig ist, dass der Großteil der Häftlinge wegen relativ geringfügiger Delikte eingesperrt wird. Im Jahr 2011 waren nur je drei Prozent aller Häftlinge wegen Mordes oder Sexualdelikten im Gefängnis; aber jeder Dritte saß wegen Diebstahls, ein Sechstel wegen Drogendelikten in Haft.
II. Die Soziologin
Besonders unter den letzten beiden Gruppen sind viele Ausländer anzutreffen: die „Kriminaltouristen“ aus dem Osten. Sie sind keine bloße Erfindung der FPÖ, sondern ein Problem für die Justiz. Denn die Richter nehmen bei ihnen viel öfter organisierte Kriminalität und Gewerbsmäßigkeit an. Das treibt den Strafrahmen nach oben. Bußgeldzahlungen und Fußfessel sind bei ihnen kaum möglich. Die bittere Konsequenz: 40 Prozent aller verurteilten Ausländer kommen in Haft – bei den Österreichern ist es nur ein Fünftel.
Und die „Monster“? Die Sadisten, die Untherapierbaren? Sie machen einen verschwindend geringen Teil der Gefängnisbevölkerung aus. Von „zwei, drei“ bis „gut 50“ reichen die Schätzungen, das ist jeder 100. bis 1000. Häftling.
Die Realität der Justiz in Zahlen zu fassen und so Ressentiments zu bekämpfen, das ist der Job von Kriminalsoziologen. In der hintersten Ecke der Bibliothek des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie, zwischen meterhohen Bücherregalen, steht der Schreibtisch von Christa Pelikan.
Pelikan, schwarz gekleidet, kurze graue Haare, 70 Jahre alt, arbeitet seit der Gründung des Instituts im Jahr 1973 hier und hat nicht vor, bald aufzuhören. Sie beschäftigt sich mit „alternativer Konfliktregelung“, hat zum außergerichtlichen Tatausgleich geforscht und zu den Bedürfnissen von Verbrechensopfern. Dass die Gesellschaft liberale Strafen nicht versteht, dass sie repressiver urteilt als die Justiz, wie oft behauptet wird, hält sie für ein Vorurteil.
Pelikan erzählt von Studien, die in den 1980er-Jahren die Fachwelt überraschten: Die Probanden sollten die Strafen für verschiedene fiktive Kriminalfälle bestimmen. Bekamen sie eine Liste möglicher Sanktionen vorgelegt, entschieden sie sich bei den meisten Delikten gegen das Gefängnis und für Wiedergutmachung am Opfer. Doch eine Gruppe glaubte besonders stark an das Gefängnis: die Strafrichter. Seither hat sich vieles geändert, die Haftbedingungen sind besser, in der Justiz wurde die alte Garde, die oft noch in der Nazizeit sozialisiert worden war, abgelöst von Reformern.
Ist zugleich die Gesellschaft repressiver geworden, wie es oft heißt? Möglich, sagt Pelikan. Aber harte Strafen würden meist vor allem jene fordern, die mit dem Verbrechen nichts zu tun hätten: „Je weniger abstrakt eine Straftat ist, je unmittelbarer man sie erlebt hat, desto eher akzeptiert man andere Sanktionen als das Gefängnis.“
III. Das alte Gefängnis
Das exakte Gegenteil des Vorzeigehäfens Leoben, baulich und in Hinblick auf die Bewohner, ist das Hochsicherheitsgefängnis Stein. Hier werden Häftlinge mit Strafen von über 18 Monaten untergebracht, 809 sind es derzeit. Wie sieht es bei ihnen aus? Geht auch hier Resozialisierung vor Repression? Der Anstaltsleiter Christian Timm, ein unauffälliger Mann in beigem Anzug und Krawatte, führt durch sein Gefängnis.
Durch eine Fabrikshalle weht der Geruch von Pastasauce. Maschinen kreischen, Teller scheppern, ein Justizwachebeamter salutiert und meldet: „Keine Vorkommnisse.“ In einer Ecke der Halle warten Männer in blauen Arbeitshosen vor einem fahrbaren Essenswagen auf ihre Nudeln.
Hier, in der Gießerei der Justizanstalt werden Waschbecken für die Anstalt und Feuerkörbe für die Weihnachtsmärkte da draußen geschmiedet. Die Arbeit gibt den Insassen eine Tagesstruktur; einen kleinen Teil ihres Lohns bekommen die Häftlinge, den Großteil behält der Staat für Kost, Logis und Sozialversicherung.
Auch in Stein gibt es für die pflegeleichteren Häftlinge Wohngruppenvollzug und eine „Kuschelzelle“. Doch der alte Teil des Gebäudes, ein ehemaliges Kloster, das seit 162 Jahren als Haftanstalt genützt wird, entspricht allen Klischees. Er sieht aus wie die Gefängnisse auf Stichen des 19. Jahrhunderts: Von einem rundum verglasten Wachturm führen drei Trakte weg, einer mit grünen Gittern, einer mit gelben, einer mit himmelblauen. Vom Turm aus kann man sie alle überblicken, Panopticon heißt diese Bauweise.
Im himmelblauen Trakt sitzen die schwierigsten Häftlinge Österreichs; im Erdgeschoß des Trakts, dessen Türen die Beamten nur zu zweit öffnen dürfen, sitzen die schwierigsten der schwierigen.
Die Zellen hier sind spartanisch: ein Metallbett mit einer dünnen Matratze, ein einfacher Kasten, ein Waschbecken, hinter einem Vorhang ein Klo, hoch oben ein vergittertes Fenster.
„Besondere Vorsicht“ steht in roten Lettern auf einer der Türen. Der Mann hinter der Tür heißt Tawfik Ben Ahmed Chaovali, er ist einer jener Terroristen, die 1985 am Wiener Flughafen wartende El-Al-Passagiere angriffen und vier Menschen ermordeten. Er fasste lebenslang aus, flüchtete aus einem Gefängnis, beteiligte sich in einem anderen an einer Geiselnahme.
Menschen wie Chaovali, die der Staat für immer festhalten kann, sind selbst in Stein die Minderheit; das Prinzip „Zelle zu und Schlüssel weg“ ist nur eine Fantasie der Scharfmacher. Fast alle Häftlinge leben früher oder später wieder in Freiheit – und genau hier steht die Gesellschaft vor jenem Problem, das sie mit Fußfesseln, Kuschelzellen, Wohngruppenvollzug und Ausbildung für Häftlinge zu lindern versucht.
„Man kann im Strafvollzug Leute für den Strafvollzug dressieren“, sagt Andreas Zembaty. „Dann funktionieren sie dort, aber sie werden desozialisiert.“ Den Opfern und der Gesellschaft sei damit nicht gedient. Denn: „Nach der Entlassung sind sie ein umso größeres Risiko.“
Zembaty war lange Zeit Bewährungshelfer: Er kümmerte sich um bedingt entlassene Straftäter, managte ihren Alltag, damit sie nicht rückfällig wurden. Heute ist er Sprecher des Vereins Neustart. Der wurde in den 1950er-Jahren als „Verein für Bewährungshilfe und soziale Arbeit“ gegründet und war zunächst nur für Täter zuständig; heute betreut er auch den außergerichtlichen Tatausgleich und bietet Prozessbegleitung für Verbrechensopfer an.
Als Zembaty seine Arbeit begann, sahen die Gefängnisse völlig anders aus als heute. „Man hat Leute mit Entzugserscheinungen nackt und mit Handschellen in einen Käfig gesperrt – nicht aus Sadismus, sondern aus Überforderung“, erinnert er sich.
Auch die Männer, die heute in der Justiz ganz oben sind, können sich an dunkle Zeiten erinnern. „In Stein gab es mindestens einmal pro Jahr eine Revolte, die Leute hingen an den Fenstern und machten Lärm mit allem, was es gab“, sagt Christian Timm. Und der Wiener Staatsanwalt Walter Geyer, ein Justizreformer und ehemaliger Grün-Politiker, erinnert sich an Zellen, in denen in Stockbetten 20 Leute schliefen; in der Mitte des Raumes stand, nur durch einen Vorhang abgetrennt, das Klo.
Dass sich seither viel verbessert hat, liegt vor allem an Christian Broda, SPÖ-Justizminister unter Bruno Kreisky. Er schaffte die Todesstrafe ab und modernisierte das Familienrecht, aber er humanisierte auch den Strafvollzug: Rache sollte durch Resozialisierung ersetzt werden. Broda führte sozial gestaffelte Geldstrafen ein, förderte bedingte Entlassungen, war treibende Kraft hinter der Gründung des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie und unterstützte den Vorgängerverein von Neustart.
IV. Der Ex-Häftling
Aber hatte all das wirklich Erfolg? Das muss man neben Gefängnisdirektoren, Soziologen und Bewährungshelfern vor allem jene fragen, um die es sich im Strafvollzug eigentlich dreht: die Häftlinge.
In einem mit alten Zeitungen übersäten Wohnzimmer in einem Wiener Außenbezirk sitzt Jakub Kolar, ein älterer Mann mit einem weißen Haarkranz und einem karierten Pullover. Er heißt in Wirklichkeit anders. In den 1990er-Jahren wurde Kolar wegen Beihilfe zum Mord zu lebenslanger Haft verurteilt, unschuldig, wie er beteuert.
Kolar ist ein pedantischer Mensch, ein bisschen schrullig, einer von jenen, die sich im Gefängnis durch ständiges Eingabenschreiben bei der Justizwache unbeliebt machen. Wie ein Gewalttäter wirkt er nicht.
Als er nach 15 Jahren bedingt entlassen wurde, war er fast 60 Jahre alt, an einen Job war nicht zu denken, und die Welt außerhalb des Gefängnisses war ihm fremd geworden. „Ich habe mich überhaupt nicht ausgekannt“, erzählt er, „die Straßenbahnlinien hatten sich geändert, ich war im Verkehr unsicher. Auf der Straße habe ich mich ständig beobachtet gefühlt.“
Als Kolar ins Gefängnis geht, heißt der Bundeskanzler Franz Vranitzky, und das Internet ist eine neue Erfindung; als er ins normale Leben zurückkehrt, regieren Alfred Gusenbauer und das iPhone.
Hilfe bekam Kolar nach seiner Entlassung keine. „Die Justiz war der Meinung, ich brauche keine Bewährungshilfe“, sagt er, „und bei Neustart wurde mir gesagt: Sie sind eh versorgt, Sie haben eine Wohnung und Familie.“
Das hatte er tatsächlich – bloß ein Sozialleben nicht. Bis auf einen hatten ihm alle alten Freunde den Rücken gekehrt, neben der Familie wollten nur ein paar Bekannte aus dem Gefängnis noch etwas mit ihm zu tun haben. Ihnen vertraute er, sie betrogen ihn, bestahlen ihn. Kolar, mittlerweile ohnehin schwer depressiv, erlitt einen Zusammenbruch und ist heute in psychiatrischer Betreuung.
V. Und jetzt?
Trotz aller Bemühungen, den Strafvollzug zu humanisieren: Noch heute sind Häftlinge wie Jakub Kolar in manchen österreichischen Gefängnissen 23 Stunden am Tag in Acht-Mann-Zellen eingesperrt. Drogenschmuggel, organisierte Banden und hierarchische Strukturen unter den Gefangenen sind keine Klischees, sondern Realität, erzählen die Anstaltsleiter, die Sexualstraftäter oft vor Mithäftlingen beschützen müssen. In einer aktuellen deutschen Studie gab gut ein Viertel aller Gefängnisinsassen an, innerhalb der letzten vier Wochen Opfer von körperlichen Übergriffen geworden zu sein; bei den Jugendlichen war es jeder zweite. Sieben Prozent der Jugendlichen hatten sexuelle Übergriffe erlebt.
Christian Broda hat nicht nur die österreichische Justiz modernisiert, er hat auch das Wort von der „gefängnislosen Gesellschaft“ geprägt; schon zu seiner Zeit war bekannt, dass das Gefängnis viele Probleme schafft und wenige löst. An die Verwirklichung von Brodas Vision glaubt heute kaum noch jemand – doch man sieht die Haft als die allerletzte Maßnahme, wenn alle anderen Formen der Strafe ausgeschöpft sind.
Von den fast 9000 Menschen, die heute trotzdem im Gefängnis sitzen, werden über 90 Prozent früher oder später freikommen und neben uns auf die Straßenbahn warten – so wie Jakub Kolar. Je länger sie bis dahin gesessen sind, je repressiver die Haftbedingungen sind, je stärker an Gefängnispersonal und Ausstattung gespart wird, je weniger Unterstützung die Häftlinge nach der Entlassung bekommen, desto schwieriger wird ihre Rückkehr ins normale Leben. Und desto eher werden sie zur Gefahr für die Gesellschaft.
Die Fußfessel: Wenn der Täter seine Haft zu Hause absitzen darf
:: Seit 2010 hat jeder Straftäter Rechtsanspruch auf die Fußfessel, wenn seine (Rest)Strafe höchstens ein Jahr beträgt, wenn er Unterkunft und Arbeitsplatz hat, wenn eventuelle Mitbewohner einverstanden sind und wenn anzunehmen ist, dass er die Vollzugsform nicht missbrauchen wird. Bei Sexualstraftätern muss eine Begutachtungsstelle eine Stellungnahme abgeben. Verlässt der Täter außerhalb vorgegebener Zeiten seine Wohnung, schlägt das System Alarm; nach dem zweiten Verstoß muss er ins Gefängnis.
Die Diversion: Wenn der Täter ohne Verurteilung davonkommt
:: Seit 2000 existiert in Österreich die Möglichkeit der Diversion, mittlerweile gibt es mehr Diversionen als Verurteilungen. Mit ausdrücklicher Zustimmung des Beschuldigten kann bei leichten bis mittelschweren Delikten das Strafverfahren fallengelassen werden, wenn der Beschuldigte dafür eine Geldbuße zahlt, gemeinnützige Arbeit leistet, sich einer Probezeit unterzieht oder mit dem Opfer zu einem außergerichtlichen Tatausgleich findet. Der Beschuldigte gilt danach nicht als vorbestraft.
Falter, 19.9.2012