Die Rechtslage: Fragen und Antworten zum Gendern

Erschienen als Teil eines Falter-Schwerpunktes zum Gendern zusammen mit einem Essay von Matthias Dusini, einem Brief von Sibylle Hamann und einer Spurensuche zum „Offenen Brief der 800“

Wann muss ich geschlechtergerecht formulieren?

Wenn Sie nicht für ein Amt oder eine Behörde arbeiten und auch keine Stellenangebote verfassen: nie. Gesetzliche Vorgaben zum Gendern (Paragraf 9 des Gleichbehandlungs– und Paragraf 10a des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes) gibt es nur in diesen beiden Bereichen.

Meine Diplomarbeitsbetreuerin sagt aber, ich muss.

Kein Gesetz schreibt geschlechtergerechte Sprache in Uni-Arbeiten vor. Ob und wie hier gegendert wird, müssen Studierende sich mit ihren Betreuern ausmachen, wobei manche Unis Richtlinien haben. Im (seltenen) Streitfall entscheiden Kommissionen an den Unis. Ein Fall ging im letzten Jahr bis zur Studierendenombudsstelle des Wissenschaftsministeriums – sie bat die Uni schließlich, die nicht gegenderte Arbeit zu akzeptieren. Umgekehrt kann der Betreuer das Gendern auch nicht völlig verbieten.

Werden Lehrer zum Gendern gezwungen?

Eine Verordnung des Bildungsministeriums schreibt Landeschulräten und Schulen geschlechtergerechtes Formulieren vor. Darauf, wie das Thema in der Klasse gehandhabt wird, hat das Ministerium aber keinen Einfluss, Sanktionen gibt es nicht.

Was ist mit Schulbüchern?

In den Richtlinien für die Kommission, die jedes neue Schulbuch approbieren muss, ist die Gleichstellung der Geschlechter festgeschrieben. Die Lehrerinnen können sich aber die verwendeten Bücher selbst aussuchen – theoretisch können sie also auch alte, nicht gegenderte Bücher benützen.

Ich würde ja gern gendern, aber die vielen Klammern, Schrägstriche und Sternchen verwirren mich. Wie mache ich es richtig?

Die eine richtige Schreibweise gibt es nicht. Ein Leitfaden des Bildungsministeriums etwa fordert dazu auf, „die verschiedenen Möglichkeiten je nach Kontext sinnvoll zu kombinieren“: Doppelnennung (Lehrer und Lehrerinnen), Schrägstriche (Lehrer/innen), Binnen-I (LehrerInnen) und Ausweichformulierungen (Lehrende, Lehrpersonal). In einer „Generalklausel“ anzumerken, dass männliche Bezeichnungen in einem Text für beide Geschlechter gelten, reiche jedoch nicht. Unterstriche (Lehrer_innen) und Sternchen (Lehrer*innen), die Transund Intersexuelle miteinbeziehen sollen, werden außer in queerfeministischen Kreisen kaum verwendet.

„MenschInnen“,“PersonInnen“,“MitgliederInnen“ – das klingt doch blöd!

Solche Beispiele gibt es (fast) nur in Polemiken gegen das Gendern. Im Leitfaden des Bildungsministeriums etwa werden „Mensch“,“Person“ und „Mitglied“ als Beispiele für neutrale Wörter genannt, die Männer und Frauen umfassen.

Quellen: Pressestellen des Frauen- und Bildungsministeriums und des Wissenschafts- und Wirtschaftsministeriums, Gleichbehandlungsgesetz, Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, Leitfaden des Bildungsministeriums

Falter, 23.7.2014

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