Das neue Fremdenrechtspaket

Einen Kurswechsel erwarten manche durch die Schaffung eines Integrationsstaatssekretariats. Das Fremdenrechtspaket, das am 29. April im Nationalrat beschlossen werden soll, spricht eine andere Sprache. Der Falter erklärt die wichtigsten Punkte.

Wozu wird die Rot-Weiß-Rot-Card eingeführt?

Mit diesem Punktesystem – Kriterien: Alter, Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung und Gehalt – will Österreich gezielt jene Zuwanderer aussuchen, die der Arbeitsmarkt braucht. Ähnliche Systeme haben sich in Ländern wie Australien und Kanada bewährt. Die strengen Regeln für den Familiennachzug schrecken allerdings ab.

Warum müssen Zuwanderer und ihre Angehörigen vor der Einreise Deutsch lernen und haben danach nur mehr zwei statt fünf Jahre Zeit, das geforderte Sprachniveau zu erreichen?

Damit jeder, der hier lebt, auch Deutsch kann. Ob die neuen Regelungen diesen Zweck erfüllen, ist fraglich. In Russland und der Türkei sind Deutschkurse nicht überall verfügbar. Zielführender wären Anreize und ein gut ausgebautes, auf die Bedürfnisse von Zuwanderern abgestimmtes Kursangebot in Österreich.

Warum dürfen Asylwerber die Erstaufnahmestelle bis zu sieben Tage lang nicht verlassen?

Asylverfahren sollen beschleunigt werden und Flüchtlinge nicht gleich nach der Ankunft untertauchen können. Diesen Zweck wird die Regelung wohl erfüllen, NGOs halten sie aber für unverhältnismäßig. Darf man, um ein Untertauchen Einzelner zu verhindern, sämtliche Asylwerber tagelang festhalten?

Warum bekommen Asylwerber kostenlose Rechtsberatung?

Damit kein Asylberechtigter mehr wegen mangelnder Beratung abgewiesen wird. Allerdings sind die Rechtsberater vom Innenministerium abhängig. NGOs befürchten daher, dass sie ihre Klienten nicht immer in deren Sinne beraten.

Warum wird die maximale Schubhaftdauer innerhalb von eineinhalb Jahren auf zehn Monate ausgedehnt?

Damit niemand mehr untertauchen kann, weil sich die Ausstellung seines Heimreisezertifikats verzögert. Aber auch hier stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit: Soll man unbescholtene Menschen – in Zukunft auch 16- bis 18-Jährige – so lange einsperren dürfen? In den meisten Staaten ist laut Herbert Langthaler von der Asylkoordination die maximale Schubhaftdauer kürzer, in Frankreich beträgt sie 32 Tage.

Warum müssen Eltern wählen, ob sie ihre Kinder mit in Schubhaft in einer „kindgerechten Wohneinrichtung“ nehmen oder dem Staat in Obsorge geben?

Das soll eine Traumatisierung der Kinder verhindern. Dass die Wahlmöglichkeit in Wahrheit keine ist, weil Eltern wohl kaum ihre Kinder weggeben werden, gibt sogar das Innenministerium zu. Sogenannte Familienanhaltezentren sind eine Verbesserung gegenüber normalen Gefängnissen – eingesperrt sind die Kinder trotzdem.

Warum werden Bleiberechtsverfahren nicht mehr automatisch eingestellt, wenn der Betroffene abgeschoben wird?

Bisher wurden Menschen mit Aussicht auf Bleiberecht oft vor der Entscheidung noch schnell abgeschoben. Dies soll das neue Gesetz verhindern. Nun darf der Abgeschobene wieder einreisen, wenn er Bleiberecht bekommt. Das Problem dabei: Solche Reisen kosten Geld, das nur die wenigsten Asylwerber haben. Denn arbeiten dürfen sie nicht.

Falter, 27.4.2011

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