Schlagwort: Wien
Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?
Nach 13 Jahren kehrt Ute Bock in die Zohmanngasse zurück. Eine Gruppe von Nachbarn fürchtet sich vor den Flüchtlingen, die sie mitbringt
Neger“, brüllt der kleine alte Mann im grauen Anzug, als Alseny D. an ihm vorbeigeht. „Dich brauchen wir hier nicht.“ Es ist Alseny D.s erster Eindruck von seiner neuen Gegend, gerade ist er zum ersten Mal auf dem Weg zu dem Haus, in dem er ab Anfang Mai wohnen wird.Seine neuen Nachbarn kennt er noch nicht, aber sie wissen schon jetzt: Sie wollen Leute wie ihn hier nicht. Seit Monaten kampagnisieren sie, sammeln Unterschriften und schreiben Protestbriefe.Denn das Haus in der Zohmanngasse im zehnten Bezirk, in das Alseny D. einziehen wird, hat eine Vorgeschichte. Früher war es ein Gesellenheim der Stadt Wien, bis 1999 hieß die Heimleiterin Ute Bock. Sie nahm hier Menschen auf, die sonst niemand wollte, darunter mehr und mehr Flüchtlinge.
Unter den Bewohnern waren auch Dealer. Irgendwann, so berichten Anwohner, nahm das Drogenproblem überhand, auf der Straße sollen Spritzen herumgelegen sein. Die Polizei führte eine Razzia durch, die Operation Spring (siehe Marginalspalte), verhaftete dutzende Heimbewohner und stellte sackerlweise Drogen sicher.Weiterlesen »
Mit dem Rücken zur Wand
In der Siedlung Wolfersberg zeigte der rote Wohnbaustadtrat Michael Ludwig seine kapitalistische Seite
Vom „Schutz der Bewohner“ und davon, dass Wohnen in Wien leistbar bleiben müsse, spricht der Wiener SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig gern in Inseraten und Interviews. Gottfried Krause gerät in Rage, wenn er das liest.
Krause ist Leiter des Arbeitskreises Baurecht im Wiener Siedlerverband. Er hat in den letzten Monaten Menschen vertreten, denen das Rote Wien seine kapitalistische Seite gezeigt hat: Die Stadt hat die jährlichen Kosten für den Grund, auf dem ihre Häuser stehen, um 2000 Prozent angehoben. Weiterlesen »
Der lange Dienst des Doktor Jung
Wie lange kann ein Mensch arbeiten? Die Ärzte am AKH sind bis zu 49 Stunden im Einsatz. Sie retten Leben und brennen dabei aus. Eine Schicht mit einem Chirurgen
Wie gekreuzigt liegt der alte Mann auf dem OP-Bett, mit seitlich weggestreckten Armen, von der Hüfte abwärts mit einem Tuch bedeckt. Sein Bauch ist aufgebläht, der Darmdurchbruch 24 Stunden her, seine Überlebenschance beträgt zehn Prozent. Eine Ärztin bestreicht den Bauch des Mannes mit orangem Desinfektionsmittel, dann setzt Christoph Jung den ersten Schnitt.
Es ist 22.20 Uhr. Christoph Jung ist seit mehr als 15 Stunden im Einsatz. Um sieben Uhr morgens hat er zu arbeiten begonnen, erst am nächsten Tag, um 16.15 Uhr, wird Jung nach Hause gehen. 33 Stunden wird sein Dienst dauern.
Eine Nacht unter aufrechten Demokraten
Ein Tarnschnurrbart, ein lallender Nationalratspräsident und viele Narben. Zu Besuch beim WKR-Ball
Ballbesuch: Ruth Eisenreich, Benedikt Narodoslawsky
„Scheiße“, sagt Rainer Schüller. Der Innenpolitikchef des Online-Standard hat sich für den Ball extra einen dünnen Schnurrbart wachsen lassen. Undercover wollte er sich einschleichen. Und jetzt steht die Konkurrenz vor ihm. Das Pärchen vom Falter: Er glattrasiert im Smoking, sie geschminkt im bodenlangen Kleid. Auch die Presse kam verkleidet, der Kurier, der Print-Standard und die Reporter von der Vienna Review. Der Redakteur vom Monatsmagazin Datum hat sich seinen dichten Vollbart abrasiert.
Alle wollten „wallraffen“ beim „Naziauflauf“, wie die Demonstranten den Ball nennen. Außer der Apa waren ja keine Medien zugelassen. Und so tat die Branche, was sie sonst so scheut: verdeckt recherchieren. Weiterlesen »